
Der erfolgreiche Wechsel zum Abo-Modell ist kein radikaler Schnitt, sondern der Aufbau eines hybriden Ertragsmodells, das Bestands- und Neugeschäft intelligent kombiniert.
- Die größte Hürde ist nicht die Technik, sondern die deutsche Besitzkultur und die starre Integration in bestehende ERP-Systeme.
- Statt eines kompletten Wechsels sichern hybride Vertriebsstrategien (z.B. Direktvertrieb plus Händlernetz) die Margen und schützen loyale Altkunden.
Empfehlung: Beginnen Sie nicht mit einer Preisänderung, sondern mit einer strikten Segmentierung Ihrer Kunden und gezielten Pilotprojekten für klar definierte Zielgruppen.
Die Verlockung wiederkehrender Umsätze ist für jeden Geschäftsführer im Handel oder Hardware-Bereich greifbar. Märkte werden volatiler, der Wettbewerb intensiver und die Planbarkeit von Einmalverkäufen nimmt ab. Das Abo-Modell, oft mit schillernden Beispielen aus der Software-Welt illustriert, scheint die logische Antwort zu sein: stabile Cashflows, höhere Kundenbindung und ein direkter Draht zum Endverbraucher. Doch dieser Übergang ist weit mehr als eine simple Anpassung der Preisstrategie. Für ein etabliertes deutsches Unternehmen mit treuen Stammkunden, gewachsenen Händlernetzen und komplexen Warenwirtschaftssystemen ist der Pivot ein hochriskantes Manöver.
Die gängigen Ratschläge – „agil sein“, „den Kunden in den Mittelpunkt stellen“ – bleiben oft an der Oberfläche. Sie ignorieren die tiefen operativen und kulturellen Bruchstellen. Was passiert mit der Marge, wenn das Händlernetz umgangen wird? Wie reagiert ein Kunde, der seit 20 Jahren ein Produkt kauft, wenn er es plötzlich nur noch mieten kann? Und wie soll ein über Jahre gewachsenes ERP-System plötzlich flexible Abrechnungen, anteilige Kündigungen und Freemium-Modelle abbilden? Ein unüberlegter Sprung ins kalte Wasser riskiert nicht nur den Verlust profitabler Umsätze, sondern – viel schlimmer – das Vertrauen der loyalsten Kunden.
Der wahre strategische Ansatz liegt daher nicht im radikalen Ersatz des Alten durch das Neue. Die Kernfrage lautet: Wie kann man ein hybrides Ertragsmodell aufbauen, das die Stärken des bestehenden Geschäfts schützt und gleichzeitig neue, abonnementbasierte Erlösquellen erschließt? Es geht um eine intelligente Segmentierung statt einer Holzhammer-Methode. Dieser Artikel liefert keine Buzzwords, sondern eine umsatzorientierte Roadmap. Wir analysieren die realen Blockaden, zeigen Testmethoden für den deutschen Markt auf und beleuchten die entscheidenden Weichenstellungen für Vertrieb, Controlling und Personal, um den Wandel profitabel zu gestalten.
Die folgenden Abschnitte bieten einen strukturierten Leitfaden, um die Komplexität des Wandels zu meistern und eine fundierte, strategische Entscheidung für die Zukunft Ihres Ertragsmodells zu treffen. Der Weg führt über das Verständnis der Hindernisse, das Testen von Hypothesen und die schrittweise Transformation Ihrer Organisation.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Weg zum zukunftsfähigen Ertragsmodell
- Warum funktionieren Pay-per-Use Modelle in Ihrer Branche bisher nicht?
- Wie testen Sie ein neues Preismodell am Markt, bevor Sie die Preise offiziell ändern?
- Direktvertrieb oder Händlernetzwerk: Was sichert Ihnen heute die höhere Marge?
- Das Skalierungsproblem bei Freemium-Modellen: Wann fressen die Gratiskunden Ihren Gewinn?
- Wann müssen Sie Ihr altes Geschäftsmodell beerdigen, bevor es Verluste schreibt?
- Wann ist der Markt wirklich reif für Ihre disruptive Lösung?
- PayPal oder Rechnungskauf: Welche Option senkt die Abbruchrate in Deutschland am stärksten?
- Wie machen Sie Ihren Betrieb fit für die nächste Generation trotz Fachkräftemangel?
Warum funktionieren Pay-per-Use Modelle in Ihrer Branche bisher nicht?
Die Einführung eines Pay-per-Use- oder Abo-Modells scheitert selten an der Idee, sondern an zwei tief verwurzelten Realitäten des deutschen Marktes: der Kundenkultur und der betrieblichen Infrastruktur. Kulturell besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Nutzung und der traditionellen Wertschätzung von Besitz. Es ist ein Fehler anzunehmen, dass alle Kunden auf ein Abo warten. Im Gegenteil, eine Studie von Deloitte zur deutschen Besitzkultur zeigt, dass 46% der deutschen Verbraucher keinen Mehrwert in Abo-Modellen erkennen und 39 % der Baby-Boomer-Generation sie sogar grundsätzlich ablehnen. Diese Skepsis ist in Branchen mit langlebigen, hochwertigen Gütern besonders ausgeprägt und stellt eine massive Markteintrittsbarriere dar.
Die zweite, oft unterschätzte Blockade ist operativer Natur. Etablierte ERP- und CRM-Systeme im deutschen Mittelstand sind auf den transaktionalen Verkauf optimiert: Bestellung, Lieferung, Rechnung. Sie sind notorisch starr gegenüber flexiblen Preisstrukturen. Die Anforderungen eines Abo-Modells – monatliche Abrechnung, Upgrades, Downgrades, Pausierungen und anteilige Gutschriften – sprengen oft den Rahmen dieser Systeme. Hinzu kommt die rechtliche Komplexität: Die DSGVO-konforme Verarbeitung von Zahlungsdaten für wiederkehrende Abbuchungen ist, wie eine Analyse von Springer Professional aufzeigt, eine erhebliche Herausforderung, die Finanz- und IT-Abteilungen an ihre Grenzen bringen kann. Diese operativen Bruchstellen führen zu hohem manuellem Aufwand, Fehlern in der Buchhaltung und letztlich zu unprofitablen Prozessen.
Ihr Audit-Plan: Operative Blockaden im ERP-System identifizieren
- Systemflexibilität prüfen: Erkennen Sie, dass konventionelle CRM- und ERP-Systeme oft zu starr für flexible Subscription-Modelle sind und eine genaue Bestandsaufnahme der Systemgrenzen erfordern.
- Anpassungsbedarf analysieren: Inventarisieren Sie alle Prozesse, die bei Produktneueinführungen oder neuen Preisstrukturen im ERP manuell angepasst werden müssen.
- Last-Szenarien durchspielen: Prüfen Sie die System-Performance bei der Simulation von flexiblen Laufzeiten und Pay-per-Use-Modellen. Wo entstehen Engpässe?
- Sonderfälle kartieren: Planen Sie gezielt für manuelle Buchungsschritte und Sonderpositionen, die bei Stornierungen und anteiligen Berechnungen anfallen.
- Integrationsplan erstellen: Entwickeln Sie einen priorisierten Plan, um entweder das bestehende System anzupassen oder eine spezialisierte Subscription-Management-Lösung zu integrieren.
Ohne diese Analyse investieren Sie in ein Modell, das von vornherein gegen eine unsichtbare Wand aus Kundenablehnung und Prozesschaos läuft. Der Schlüssel liegt darin, diese Blockaden nicht als unüberwindbar, sondern als Leitplanken für die Strategieentwicklung zu sehen.
Wie testen Sie ein neues Preismodell am Markt, bevor Sie die Preise offiziell ändern?
Der größte Fehler bei der Einführung eines neuen Preismodells ist der Big-Bang-Ansatz – eine plötzliche, unternehmensweite Umstellung. Dies riskiert nicht nur massive Umsatzeinbußen, sondern auch irreversible Schäden am Markenimage. Ein strategischer, umsatzorientierter Ansatz erfordert stattdessen ein strukturiertes Testverfahren, das auf Daten und Kundenfeedback basiert, nicht auf dem Bauchgefühl des Managements. Die Lean-Startup-Methodik, angepasst an den etablierten Mittelstand, liefert hierfür den perfekten Rahmen. Jeder Test muss als wissenschaftliches Experiment behandelt werden: mit einer klaren Hypothese, messbaren KPIs und einem definierten Testsegment.
Formulieren Sie zunächst eine konkrete Hypothese, zum Beispiel: „Wir glauben, dass 20% unserer Neukunden im Segment ‚Junge Familien‘ bereit sind, für unser Produkt X ein ‚Sorglos-Abo‘ mit Wartungsservice für 15 € pro Monat abzuschließen, was den Customer Lifetime Value um 30% erhöht.“ Dieser Hypothese werden klare Erfolgskennzahlen zugeordnet (z.B. Conversion-Rate, Churn-Rate nach 3 Monaten). Der Test wird dann gezielt nur diesem klar abgegrenzten Kundensegment angeboten, etwa über eine spezifische Landingpage oder eine exklusive E-Mail-Kampagne. So gefährden Sie nicht Ihr Kerngeschäft und können die Reaktion des Marktes isoliert messen.
Das wichtigste Instrument in dieser Phase ist das direkte, qualitative Kundenfeedback. Sprechen Sie mit den Kunden, die das Angebot angenommen haben, aber vor allem mit denen, die es abgelehnt haben. Warum haben sie sich dagegen entschieden? War der Preis zu hoch? Der Mehrwert unklar? Die Komplexität abschreckend? Die Geschichte von YouTube, das als Video-Dating-Portal startete und erst durch das Feedback seiner Nutzer zur heute bekannten Plattform wurde, ist hier eine wertvolle Mahnung: Der Markt hat immer Recht. Ein Festhalten an der ursprünglichen Idee gegen das klare Votum der Kunden führt unweigerlich in die Sackgasse. Jeder Testlauf ist eine Chance, zu lernen und die Strategie anzupassen, bevor teure Fehler gemacht werden.
Dokumentieren Sie jeden Schritt: Was wurde geändert, warum, und mit welchem Ergebnis? Nur so wird der Pivot von einem riskanten Sprung zu einer kalkulierten, schrittweisen Annäherung an ein profitables neues Geschäftsmodell.
Direktvertrieb oder Händlernetzwerk: Was sichert Ihnen heute die höhere Marge?
Die Entscheidung zwischen dem Aufbau eines Direktvertriebs (D2C) für Ihr neues Abo-Modell und der Integration in Ihr bestehendes Händlernetz ist eine der kritischsten Weichenstellungen für Ihre Marge. Der D2C-Ansatz verspricht die volle Kontrolle über den Kundenkontakt und die gesamte Gewinnspanne. Doch dieser Vorteil wird oft mit extrem hohen Kosten für die Neukundenakquise erkauft, die bis zu sechsmal höher sein können als die Kosten für die Betreuung eines Bestandskunden. Ein etabliertes Händlernetzwerk hingegen verfügt über einen unschätzbaren Wert: den direkten Zugang und das Vertrauen eben dieser Bestandskunden.

Eine radikale Umgehung des Fachhandels wäre daher strategisch kurzsichtig und würde etablierte Partner verprellen. Die zukunftsfähige Lösung liegt in einem hybriden Vertriebsmodell. Die deutsche Automobilindustrie liefert hierfür das beste Beispiel: Hersteller wie BMW und Mercedes betreiben erfolgreich eigene Carsharing- und Abo-Dienste, die sich an eine neue, urbane Zielgruppe richten, während sie gleichzeitig ihr traditionelles Händlernetz für den klassischen Fahrzeugverkauf und Service pflegen und stärken. Dieser Ansatz verhindert die Kannibalisierung des Kerngeschäfts und ermöglicht es, unterschiedliche Kundensegmente mit maßgeschneiderten Angeboten und Vertriebskanälen zu bedienen.
Für Ihr Unternehmen bedeutet das, eine klare Segmentierung vorzunehmen: Welche Produkte oder Dienstleistungen eignen sich für ein zentral gesteuertes Abo-Modell? Und wo bleibt der Händler der unverzichtbare Partner vor Ort, etwa für Beratung, Installation und Service? Sie könnten dem Handel sogar eine Provision für die Vermittlung von Abonnements anbieten und ihn so am neuen Modell beteiligen. Der folgende Kostenvergleich verdeutlicht, warum die Pflege von Bestandskunden, oft über Händler, wirtschaftlich so sinnvoll ist.
| Kostenaspekt | Bestandskunden | Neukunden |
|---|---|---|
| Relative Kosten | Basiskosten (1x) | 6x höher |
| Akquiseaufwand | Minimal | Hoch |
| Bindungsmaßnahmen | Kontinuierlich | Initial intensiv |
Ein hybrider Ansatz mag operativ komplexer sein, sichert aber langfristig die Margen, minimiert Risiken und erhält die wertvollen Beziehungen, die Ihr Unternehmen über Jahre aufgebaut hat.
Das Skalierungsproblem bei Freemium-Modellen: Wann fressen die Gratiskunden Ihren Gewinn?
Freemium – das Anbieten einer kostenlosen Basisversion zur Gewinnung von Nutzern für ein Premium-Angebot – ist eine der populärsten Taktiken der Subscription Economy. Modelle wie Google One oder YouTube zeigen, dass dieser Ansatz die Kundenbindung stärken und die Kaufbereitschaft erhöhen kann. Laut Deloitte wird Freemium daher als ein attraktiver Mix aus Preis- und Komfort-Benefits empfohlen. Doch gerade für Unternehmen, die physische Produkte oder hardwarenahe Dienstleistungen anbieten, ist Freemium eine gefährliche Falle. Im Gegensatz zu reinen Software-Anbietern, deren Grenzkosten für einen zusätzlichen Nutzer nahe null liegen, verursacht jeder „Gratis-Kunde“ in der physischen Welt reale Kosten: Material, Logistik, Support oder Wartung.
Das entscheidende Skalierungsproblem lautet daher: Ihre Kosten steigen linear mit der Anzahl der Gratis-Nutzer, während Ihre Einnahmen nur mit der deutlich kleineren Gruppe der zahlenden Premium-Kunden wachsen. Ohne eine extrem hohe Konversionsrate von Free zu Paid wird das Modell schnell unprofitabel. Die zentrale strategische Frage ist: Was genau ist in Ihrem Freemium-Angebot kostenlos und was ist kostenpflichtig? Die kostenlose Version muss attraktiv genug sein, um Nutzer anzuziehen, aber gleichzeitig so limitiert, dass ein klarer Anreiz zum Upgrade besteht. Bieten Sie eine kostenlose Basis-Hardware an, die nur mit teuren Verbrauchsmaterialien funktioniert? Oder einen kostenlosen Datenspeicher, der schnell an seine Grenzen stößt?
Fallstudie: The Morpheus Tutorials
Das Kölner Unternehmen „The Morpheus Tutorials“ demonstriert eine gelungene Balance. Es bietet auf YouTube eine riesige Menge an kostenlosen, hochwertigen IT-Lerninhalten und erfüllt damit seinen Bildungsauftrag. Die Monetarisierung erfolgt jedoch geschickt über einen diversifizierten Ansatz: Werbeeinnahmen, Spenden, aber auch spezifische Premium-Kurse im Freemium-Modell und Sponsorings finanzieren das Unternehmen und ermöglichen die Beschäftigung von drei Mitarbeitern. Der Gratis-Content dient als massives Marketing-Instrument für die kostenpflichtigen, vertiefenden Angebote.
Ohne diese knallharte Analyse subventionieren Sie mit dem Geld Ihrer treuen Premium-Kunden eine wachsende Masse an Nutzern, die niemals einen Cent zu Ihrem Gewinn beitragen werden. Freemium ist kein Allheilmittel, sondern ein scharfes Werkzeug, das präzise justiert sein muss.
Wann müssen Sie Ihr altes Geschäftsmodell beerdigen, bevor es Verluste schreibt?
Die Entscheidung, ein traditionelles und einst erfolgreiches Geschäftsmodell aufzugeben, ist eine der schwierigsten für einen Geschäftsführer. Sie ist oft mit Emotionen und der Angst vor dem Unbekannten verbunden. Doch in einem sich wandelnden Markt ist das Festhalten an einem auslaufenden Modell ein Garant für zukünftige Verluste. Ein strategischer Rückzug ist keine Kapitulation, sondern eine unternehmerische Notwendigkeit. Die Frage ist nicht „ob“, sondern „wann“. Die Antwort darauf sollte nicht aus dem Bauch heraus kommen, sondern auf einer soliden Grundlage von Controlling-Daten und klaren Key Performance Indicators (KPIs) basieren.
Implementieren Sie dafür eine wertorientierte Kundensteuerung im Controlling. Analysieren Sie die Profitabilität nicht nur auf Unternehmensebene, sondern pro Geschäftssparte und Kundensegment. Folgende KPIs sind dabei entscheidend:
- Customer Lifetime Value (CLV): Sinkt der durchschnittliche Wert eines Neukunden im alten Modell kontinuierlich?
- Kundenerhaltungskosten: Steigen die Marketing- und Rabattaufwendungen überproportional, um Kunden im alten System zu halten?
- Margenerosion: Nimmt die Deckungsbeitragsmarge pro verkauftem Produkt stetig ab, während die Kosten stagnieren oder steigen?
- Marktanteilsverlust: Verlieren Sie kontinuierlich Marktanteile an Wettbewerber mit innovativeren Modellen?
Sobald diese Indikatoren über mehrere Quartale hinweg einen negativen Trend aufweisen, ist der „Point of no Return“ nahe. Es ist an der Zeit, einen kontrollierten Ausstiegsplan zu entwickeln, anstatt zu warten, bis die Sparte rote Zahlen schreibt. Dieser proaktive Ansatz ermöglicht es Ihnen, Ressourcen gezielt in das neue, zukunftsträchtige Geschäftsmodell zu investieren. Es ist ein Zeichen von Stärke, sich von alten Zöpfen zu trennen, um Raum für Neues zu schaffen.
Ein Pivot ist kein Scheitern, sondern oft ein Zeichen für Anpassungsfähigkeit und unternehmerische Reife.
– StartupValley Magazin, Pivot im Startup: So gelingt die strategische Neuausrichtung
Diese Perspektive verwandelt eine gefühlte Niederlage in einen kalkulierten strategischen Sieg für die Zukunft Ihres Unternehmens.
Wann ist der Markt wirklich reif für Ihre disruptive Lösung?
Die beste Idee ist wertlos, wenn der Markt noch nicht bereit für sie ist. Die Einführung eines disruptiven Abo-Modells zum falschen Zeitpunkt kann Millionen an Investitionen verbrennen. Timing ist alles. Doch wie erkennt man als Geschäftsführer, ob der Markt reif ist? Statt sich auf globales Trend-Gerede zu verlassen, ist eine fokussierte Analyse des Zielmarktes – in diesem Fall Deutschland – unerlässlich. Es geht darum, konkrete Signale für eine Verhaltensänderung bei den Konsumenten und in der Industrie zu identifizieren.
Ein starker Indikator ist die Adaptionsrate ähnlicher Modelle in traditionellen Branchen. Der Automobilsektor ist hier ein hervorragendes Barometer. Eine Studie von Oliver Wyman zeigt, dass in Deutschland bereits 38% der Verbraucher an Auto-Abos interessiert sind und 12% bereits Erfahrungen damit gemacht haben. Diese Zahlen belegen, dass das Konzept „Nutzen statt Besitzen“ auch bei einem der emotionalsten und wertvollsten Konsumgüter der Deutschen ankommt. Wenn Kunden bereit sind, ein Auto zu abonnieren, ist die Hürde für Ihr Produkt wahrscheinlich niedriger.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das allgemeine Wachstum der Subscription Economy. Dieses ist kein Nischenphänomen mehr. Der Subscription Economy Index belegt ein explosives Wachstum von mehr als 435% in den letzten neun Jahren. Unternehmen, die auf diesem Modell basieren, wachsen fünf- bis achtmal schneller als traditionelle Firmen im S&P 500. Dieses Makro-Signal zeigt den unaufhaltsamen Trend, der auch Ihre Branche früher oder später erfassen wird. Die Frage ist nicht mehr „ob“, sondern „wie schnell“. Die Kombination aus branchenspezifischen Adaptionsraten und dem allgemeinen Marktwachstum liefert eine solide Basis für Ihre Timing-Entscheidung.
Warten Sie zu lange, besetzt ein Wettbewerber den Markt. Starten Sie zu früh, verpufft Ihre Innovation ohne Resonanz. Eine datengestützte Beobachtung ist hier der Schlüssel zum Erfolg.
PayPal oder Rechnungskauf: Welche Option senkt die Abbruchrate in Deutschland am stärksten?
Im E-Commerce ist der Checkout der Moment der Wahrheit. Eine hohe Abbruchrate in diesem letzten Schritt ist ein klares Indiz für Reibungsverluste. Bei Abo-Modellen, die auf eine langfristige Kundenbeziehung abzielen, ist die Wahl der richtigen Zahlungsmethoden noch kritischer. Während die Akzeptanz von Abonnements in Deutschland hoch ist – laut einer Studie von IFH KÖLN und KPMG nutzen 71% der Konsumenten Streaming-Dienste –, sind die Erwartungen an den Bezahlprozess sehr spezifisch, insbesondere im B2B-Umfeld.
Während im B2C-Bereich schnelle Optionen wie PayPal oder Kreditkarte oft dominieren, gelten im deutschen B2B-Commerce andere Regeln. Hier ist der Kauf auf Rechnung tief in den Beschaffungsprozessen der Unternehmen verankert. Genehmigungsworkflows, interne Kostenstellen-Zuweisungen und Buchhaltungsprozesse sind auf Rechnungen ausgelegt. Das Fehlen dieser Option kann für viele Geschäftskunden ein sofortiges K.o.-Kriterium sein und die Abbruchrate drastisch erhöhen. Ein rein auf B2C-Methoden ausgerichteter Checkout ignoriert die Realität des deutschen Mittelstands.
Für wiederkehrende Zahlungen, das Herzstück jedes Abo-Modells, etabliert sich zunehmend die SEPA-Lastschrift als Goldstandard. Ihr entscheidender Vorteil ist der „Set-and-forget“-Effekt: Einmal eingerichtet, laufen die Zahlungen automatisch ab, was die Churn-Rate durch vergessene oder fehlgeschlagene manuelle Zahlungen signifikant reduziert. Die optimale Strategie ist daher ein Mix, der die Gewohnheiten Ihrer Zielgruppe widerspiegelt.
| Zahlungsart | Vorteile | B2B-Eignung |
|---|---|---|
| Rechnungskauf | Etabliert in Beschaffungsprozessen | Sehr hoch |
| SEPA-Lastschrift | Ideal für wiederkehrende Zahlungen, ‚Set-and-forget‘-Effekt | Hoch für Abos |
| PayPal | Schnelle Abwicklung | Mittel |
Bieten Sie Ihren Geschäftskunden die Prozesse, die sie kennen und denen sie vertrauen. Das schafft nicht nur Sicherheit, sondern senkt auch unmittelbar die Hürde für den Abschluss eines langfristigen Abonnements.
Das Wichtigste in Kürze
- Hybride Modelle statt Radikalkur: Schützen Sie Ihr Kerngeschäft, indem Sie Abo-Modelle schrittweise und für klar definierte Kundensegmente einführen, anstatt alles auf eine Karte zu setzen.
- Daten schlagen Bauchgefühl: Treffen Sie Entscheidungen über Preise, Vertriebskanäle und die Zukunft alter Geschäftsmodelle ausschließlich auf Basis harter KPIs wie CLV, Margenentwicklung und Konversionsraten.
- Fokus auf operative Exzellenz: Der Erfolg des Pivots hängt weniger von der Idee als von der Bewältigung der operativen Hürden ab – von der Flexibilisierung des ERP-Systems bis zur Anpassung der Unternehmenskultur.
Wie machen Sie Ihren Betrieb fit für die nächste Generation trotz Fachkräftemangel?
Der strategische Pivot hin zu einem Abo-Modell ist nicht nur eine technologische oder finanzielle, sondern vor allem eine menschliche Transformation. Ohne die richtigen Mitarbeiter, die das neue Modell verstehen, mittragen und weiterentwickeln, wird jede Initiative scheitern. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, das bestehende Team für die neuen Herausforderungen zu qualifizieren und eine Kultur zu schaffen, die Wandel als Chance begreift. Der Fokus verschiebt sich weg vom reinen Produkt-Know-how hin zu kunden- und datenzentrierten Fähigkeiten.
Ihre Mitarbeiter müssen lernen, in neuen Kennzahlen zu denken. Begriffe wie Monthly Recurring Revenue (MRR), Churn Rate und Customer Lifetime Value (CLV) müssen ebenso vertraut werden wie bisher die Deckungsbeitragsmarge eines Produkts. Der Vertrieb muss nicht mehr nur Abschlüsse, sondern langfristige Kundenbeziehungen verkaufen. Das Marketing muss den kontinuierlichen Wert des Abonnements kommunizieren, nicht nur die einmaligen Features eines Produkts. Das Controlling muss die Profitabilität von Kundenkohorten analysieren können. Dies erfordert gezielte Schulungen und die Etablierung einer Kultur der kontinuierlichen Anpassung.
Ein erfolgreicher Wandel gelingt nur durch maximale Transparenz und Einbindung. Wie das Beispiel des Startups UpReach zeigt, das während der Pandemie erfolgreich einen Pivot vollzog, ist der enge Kontakt zu Kunden und die Nutzung des vorhandenen Know-hows im Team entscheidend. Der Gründer Hepp betont: „Wir haben uns einfach ganz genau die Nöte unserer Kunden angehört und was sie brauchen.“ Diese Haltung, kombiniert mit der Bereitschaft, das ursprüngliche Geschäftsmodell loszulassen und das Produkt basierend auf Feedback zu ändern, muss zur DNA des gesamten Unternehmens werden. Machen Sie die Geschäftsmodell-Entwicklung zu einem Projekt des gesamten Teams, nicht nur der Führungsebene.
Um Ihr Unternehmen langfristig für die nächste Generation und neue Ertragsmodelle zu rüsten, ist die Investition in die Fähigkeiten und die Veränderungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter der entscheidende Erfolgsfaktor. Beginnen Sie noch heute damit, eine daten- und kundenorientierte Kultur zu etablieren, um den Herausforderungen von morgen gewachsen zu sein.